Nach „Die Kategorisierung des Antiziganismus“ von Marko D. Knudsen
Antiziganismus Typ I
Tradierter und Fremdenfeindlicher Antiziganismus
Der fremdenfeindliche Antiziganismus ist geprägt von Vorurteilen und negativen Stereotypen gegenüber der Roma- und Sinti-Bevölkerung. In diesem Typ werden Mitglieder dieser Gemeinschaften fälschlicherweise als „Fremde“ wahrgenommen und oft mit dem Islam in Verbindung gebracht, obwohl dies keine begründete Verknüpfung hat. Dieses Vorurteil führt oft zu sozialer Ausgrenzung, Diskriminierung und einem Mangel an Zugang zu Bildung, Arbeitsmöglichkeiten und anderen wichtigen Ressourcen. Menschen, die diesem Vorurteil erliegen, neigen dazu, Roma und Sinti als „Andere“ zu betrachten und ihnen das Recht auf volle gesellschaftliche Teilhabe zu verwehren.
Antiziganismus Typ II
Nationalsozialistischer Antiziganismus
Der nationalsozialistische Antiziganismus war ein systematisch durchgeführter Angriff auf die Roma und Sinti während des Dritten Reiches. Unter der Verwendung der abwertenden Bezeichnung „Zigeuner“ wurden diesen Gemeinschaften negative Eigenschaften zugeschrieben, darunter „zieh-Gauner“, Asozialität, genetische Kriminalität und Minderwertigkeit. Diese Propaganda führte zur Entmenschlichung und Bildung eines kulturellen Feindbildes, das die Grundlage für die systematische Vernichtung im Holocaust schuf. Tiervergleiche wurden gezielt eingesetzt, um die Entmenschlichung weiter zu verstärken und das Mitleid der Bevölkerung zu verhindern.
Antiziganismus Typ III
Nachkriegs-Antiziganismus als Kulturkodex
Der nachkriegsbedingte Antiziganismus diente dazu, die historische Schuld und Verantwortung gegenüber dem Volk der Roma und Sinti zu verdrängen und nicht offiziell anzuerkennen. In dieser Form des Antiziganismus wurde das Bild des angeblichen nomadisierenden und heimatlosen „Zigeuners“ kultiviert. Diese Darstellung sollte vermeiden, sich mit den Schuldgefühlen und Verantwortlichkeiten der historischen Verfolgung auseinanderzusetzen und ermöglichte die Fortsetzung von Vorurteilen und Diskriminierung. Es entstand ein kultureller Verhaltenskodex, der eine offene Auseinandersetzung mit den historischen Verbrechen vermied.
Antiziganismus Typ IV
Romantisierender Antiziganismus
Der romantisierende „Positivinhaltliche“ Antiziganismus zeichnet sich durch eine verklärende Darstellung der Roma aus. Hierbei werden positive Stereotypen wie Freiheitsliebe, musikalisches Talent und ein nomadischer Lebensstil idealisiert. Trotz der positiven Konnotationen führt diese Verklärung paradoxerweise zur Reduktion der Roma auf stereotype Klischees, die ihre kulturelle Vielfalt und individuellen Lebensweisen ignorieren. Die romantische Darstellung der Roma-Frau als freizügig und sexuell offen reproduziert zudem sexistische und sexualisierende Stereotypen.
Antiziganismus Typ V
Religiöser Antiziganismus
Der religiöse Antiziganismus ist ein sozialkulturelles Phänomen, das auf religiösen Überzeugungen und Aberglauben beruht. Innerhalb dieser Kategorie werden Roma und Sinti mit falschen Vorstellungen in Verbindung mit religiösen Ereignissen und Symbolen gebracht. Es manifestiert sich in verschiedenen Formen der Diskriminierung und Vorurteilen. Hier sind die spezifischen Untergruppen des religiösen Antiziganismus:
Es ist unerlässlich zu erkennen, dass die religiös motivierten Vorurteile gegenüber den Roma keinerlei Grundlage in empirischen Fakten haben. Sie sind vielmehr das Ergebnis historischer Missverständnisse, kultureller Stereotypen und Aberglauben. Die Verbreitung solcher Vorurteile führt zu ernsthafter Diskriminierung und sozialer Ausgrenzung.
Antiziganismus Typ VI:
Neuzeitliche Unterarten des Antiziganismus
In der heutigen Zeit manifestieren sich neue Formen des Antiziganismus, die auf verschiedenen Ebenen der Gesellschaft auftreten. Dazu gehören Diskriminierung im Bildungssystem, erschwerte Zugänge zu Gesundheitsversorgung und Arbeitsmärkten sowie medieninduzierte Stereotypisierungen und Stigmatisierungen. Soziale Ausgrenzung von Roma und Sinti ist in vielen Gesellschaften präsent und hindert sie an einer vollständigen Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Diese neuzeitlichen Erscheinungsformen erfordern eine verstärkte Sensibilisierung und Maßnahmen zur Bekämpfung von Diskriminierung.