Handlungsempfehlungen: Hinterlassenschaften

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Aus dem Bericht der Unabhängigen Kommission Antiziganismus mit dem Titel “ Perspektivwechsel. Nachholende Gerechtigkeit. Partizipation.“ Beauftragt durch das Bundesministerium des Inneren, für Bau und Heimat.

Forschung und Sicherung der Überlieferung

Die Unabhängige Kommission Antiziganismus empfiehlt …

die Forschung über den NS-Völkermord und die Zweite Verfolgung in ihrer gesamten Breite an Universitäten und außeruniversitären Forschungseinrichtungen dauerhaft zu etablieren. Darüber hinaus sind übergreifende, das Deutsche Reich und die europäische Dimension untersuchende Studien ebenso gezielt zu fördern wie lokale und regionale Studien.

• Stiftungen und Forschungsinstitutionen, Untersuchungen über den Antiziganismus nach 1945 in allen Bereichen staatlichen Handelns und dessen Auswirkungen auf Roma und Sinti zu fördern.

• die systematische Sammlung und dauerhafte Sicherung der Selbstzeugnisse der Opfer zu fördern, um den von Täter_innen nach 1945 etablierten Diskurs zu überwinden.

• den Bundesministerien, die Sicherung, Erschließung und Zugänglichmachung der relevanten Aktenbestände zu fördern. Dies gilt insbesondere für Quellen aus der NS-Zeit, aber auch aus dem Bereich der Wiedergutmachung, der juristischen Aufarbeitung sowie Personalakten der vormaligen Täter_innen.

• dem Bundesgerichtshof die Beauftragung einer unabhängigen wissenschaftlichen Studie zur Spruchpraxis des BGH im Rahmen der Wiedergutmachungserfahren von Roma und Sinti.

Neuausrichtung behördlicher Praktiken

Die Unabhängige Kommission Antiziganismus empfiehlt …

• den Polizeibehörden in Bund, Ländern und Gemeinden, sich mit den problematischen Traditionen des eigenen Behördenapparates kritisch auseinanderzusetzen. Die führende Rolle der Kriminalpolizei beim NS-Völkermord sollte integraler Bestandteil der Ausbildung von Polizeibediensteten sein, ebenso die personellen und ideologischen Kontinuitäten nach 1945.

dem Bund und den nachgeordneten Behörden, die im NS-Staat erfolgten und nach 1945 fortgesetzten Ausbürgerungen von deutschen Roma und Sinti als Unrecht anzuerkennen. Das Ausmaß von grundgesetzwidrigen Aberkennungen oder Verweigerungen der deutschen Staatsangehörigkeit ist zu untersuchen. Eine erleichterte Rückgabe beziehungsweise Anerkennung der deutschen Staatsangehörigkeit ist für Überlebende und deren Nachkommen umzusetzen.

dem Bund und den nachgeordneten Behörden, die kommunale Praxis der segregierten Unterbringung nach 1945 als rassistische Diskriminierung anzuerkennen. Kommunen und öffentliche Wohnungsgesellschaften sollen im Einvernehmen mit Betroffenen eine selbstbestimmte und angemessene Wohnraumversorgung sicherstellen.

Wir haben Genderungen durch die Volksbezeichnung „Roma und Sinti“ ersetzt. Zur Begründung:

  • Es wird auch nicht im Ursprungsbericht überall gendergerecht formuliert.
  • Der Bericht weist auf die kontroverse Diskussion zur Genderung hin.
  • Wir möchten als Volk wahrgenommen werden. Als Individuen kann uns jeder gerne in unserer Vielfalt kennenlernen.
  • Wenn es wirklich konsequent um Genderung geht, müsste man auch „Franzosen und Französinnen“ als „Femme et Homme“ formulieren. Bitte verstehen Sie diese Absurdität.
  • Wir bevorzugen generell die Verwendung einer geschlechtsneutralen Form in der Sprache des Romanes.