Aus dem Bericht der Unabhängigen Kommission Antiziganismus mit dem Titel “ Perspektivwechsel. Nachholende Gerechtigkeit. Partizipation.“ Beauftragt durch das Bundesministerium des Inneren, für Bau und Heimat.
Forschung
Die Unabhängige Kommission Antiziganismus empfiehlt …
• Universitäten, Forschungseinrichtungen und Stiftungen, die in den Anfängen befindliche Forschung zu Antiziganismus/Rassismus gegen Roma und Sinti in Sozialen Netzwerken deutlich zu intensivieren. Es besteht großer Bedarf an empirisch gesättigten qualitativen wie quantitativen Studien unter anderem zu Stereotypreproduktionen, sprachlichen und bildlichen Mustern, Anlässen, Umschlagpunkten und Verbreitungswegen von Kommunikation, zu Akteur:innen sowie zu Auswirkungen auf Bystander:innen und Betroffene. Hierzu bedarf es einer engeren Kooperation der Forschung zu Sozialen Medien und der Antiziganismusforschung sowie zivilgesellschaftlicher Akteur:innen und der Förderung entsprechender Forschungsprojekte durch Stiftungen, öffentliche Förderinstanzen und Wissenschaftsorganisationen. Gleichzeitig müssen solche Forschungsansätze von Anfang an die Erfahrungen von Selbstorganisationen und die Expertisen von Aktivist:innen gleichberechtigt und auf Augenhöhe einbinden. Ein besonderes Augenmerk muss der technischen Umsetzung gewidmet werden. Hierbei steht insbesondere die Entwicklung elaborierter Tools zum Auffinden, Dokumentieren und Auswerten antiziganistischer Kommunikation (in Wort und Bild) im Vordergrund.
Netzwerke und Plattformen
Die Unabhängige Kommission Antiziganismus empfiehlt …
• der Gesetzgebung, große Netzwerk und Plattformanbietende in gesetzlicher und datenschutzkonformer Weise zu verpflichten, nach einem standardisierten Verfahren einen auf geistes-, kultur- und sozialwissenschaftliche Forschung ausgerichteten Zugang zu öffentlich verfügbaren Daten zu gewähren. • staatlichen, zivilgesellschaftlichen und privatwirtschaftlichen Akteur:innen, in einen transparenten gesellschaftlichen Diskussionsprozess bezüglich der Frage, wie ein Schutz von Nutzer:innen vor Diskriminierung im Rahmen demokratischer und rechtsstaatlicher Strukturen gewährleistet werden kann, einzutreten. Die Frage, wie und in welcher Form die Gesetzgebung auf Netzwerkanbietende einwirken soll, ist gesellschaftlich umstritten und demokratietheoretisch komplex. Zentral ist jedoch, dass Nutzer:innen bestmöglich vor rassistischen Angriffen geschützt werden müssen. Selbstorganisationen sind in die
Novellierung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes und andere relevante Gesetzesvorhaben einzubeziehen, ihre Forderungen sind angemessen zu berücksichtigen.
• Behörden und staatlichen Einrichtungen, auf allen Ebenen ihre Kompetenzen zum Umgang mit neuen Formen von Hassrede im Allgemeinen und Antiziganismus im Besonderen ausbauen. Dies gilt insbesondere für Polizeibehörden, Staatsanwaltschaften, Gerichte, Jugendämter, Schulbehörden, Antidiskriminierungseinrichtungen und Einrichtungen des Jugendschutzes. Bezüglich Sozialer Medien müssen dabei insbesondere folgende Kompetenzen gestärkt werden: das Erkennen von Antiziganismus, die Erleichterung der Anzeige entsprechender Delikte, die konsequente und antiziganismussensible Strafverfolgung und die Beratung und der Schutz von Betroffenen.
• den Netzwerk- und Plattformanbietenden dringend, ausreichende Ressourcen dafür aufzuwenden, in einem kontinuierlichen Prozess zu evaluieren, welchen Beitrag ihre Plattformen zur Verbreitung von rassistischen Äußerungen online leisten und wie diesbezüglich Abhilfe geschaffen werden kann.
• Moderator:innen für die spezifischen Formen von Antiziganismus/Rassismus gegen Roma und Sinti zu sensibilisieren und Richtlinien entsprechend anzupassen. Hierzu ist insbesondere eine enge Kooperation mit Selbstorganisationen und anderen relevanten zivilgesellschaftlichen Akteur:innen anzustreben. 6. Beispiele für Antiziganismus/Rassismus gegen Roma und Sinti in der Alltagskultur 161 Initiativen gegen hate speech und Rassismus in Social Media Die Unabhängige Kommission Antiziganismus empfiehlt …
• der öffentlichen Hand, Stiftungen und Bundesprogrammen, bestehende Initiativen von Roma und Sinti in Social Media materiell und ideell zu fördern und zu stärken. Programme, Projekte und Initiativen, die Arbeit gegen Rassismus und hate speech in Social Media fördern, sollten diese Initiativen bei der Vergabe von Preisen, Stipendien und Projektzuschlägen stärker beachten.
• bestehenden Initiativen gegen hate speech und Rassismus in Social Media, sich verstärkt auch dem Themenfeld Antiziganismus/Rassismus gegen Roma und Sinti widmen. Dies bedeutet insbesondere, die eigenen Mitglieder für Antiziganismus/Rassismus gegen Roma und Sinti zu sensibilisieren und gegen Antiziganismus/ Rassismus gegen Roma und Sinti innerhalb der eigenen Strukturen vorzugehen. Dabei sollten insbesondere folgende Kompetenzen gestärkt werden: das Erkennen von Antiziganismus, die eigenständige Erfassung antiziganistischer Trends, die Sensibilisierung Dritter für Formen von Antiziganismus und die Beratung und der Schutz von Betroffenen. • schulischen wie außerschulischen Bildungseinrichtungen und -institutionen, sich verstärkt der medienpädagogischen Bildung in Bezug auf das Web 2.0 zu widmen. Entsprechende Inhalte sollten zentral Eingang in die Ausbildung von Pädagog:innen finden. Gleichzeitig sollten sie in schulische Lehrpläne integriert werden. Dazu gehört in diesem speziellen Fall die Thematisierung des Umgangs mit hate speech im Allgemeinen und Antiziganismus/Rassismus gegen Roma und Sinti im Besonderen.
• Institutionen Sozialer Arbeit in Sozialen Medien zu stärken und auszuweiten.616 Die aufsuchenden Formen Sozialer Arbeit sind verstärkt auch auf die Sozialen Medien anzuwenden.
Wir haben Genderungen durch die Volksbezeichnung „Roma und Sinti“ ersetzt. Zur Begründung:
- Es wird auch nicht im Ursprungsbericht überall gendergerecht formuliert.
- Der Bericht weist auf die kontroverse Diskussion zur Genderung hin.
- Wir möchten als Volk wahrgenommen werden. Als Individuen kann uns jeder gerne in unserer Vielfalt kennenlernen.
- Wenn es wirklich konsequent um Genderung geht, müsste man auch „Franzosen und Französinnen“ als „Femme et Homme“ formulieren. Bitte verstehen Sie diese Absurdität.
- Wir bevorzugen generell die Verwendung einer geschlechtsneutralen Form in der Sprache des Romanes.